Am Abend des 30. April läuteten die Glocken in der Neustädter Nicolaikirche zu einem ganz besonderen Anlass. Zur Begrüßung der ersten Teile für die neue Orgel hatte das Kirchenspiel Nord zu einem musikalischen Gottesdienst geladen.
Das Ensemble der Biederitzer Kantorei und von Märkisch Barock unter Leitung von Kantor Michael Scholl bot den zahlreichen Besuchern ein 60-minütiges Klangerlebnis aus ihrem Repertoire; mit kraftvollen Kompositionen von Schubert und Bach.
Danach lohnte sich ein Blick auf die mächtigen Einzelteile für das Holzgehäuse und die Holzpfeifen. Rund 3000 Pfeifen beherbergt einmal das fertige Instrument. Die größte Pfeife misst 5,50 m, wiegt 150 kg und lässt schon die Dimension der zukünftigen Orgel erahnen. Nach Abschluss der umfangreichen baulichen Vorarbeiten am Kirchenschiff kann nun mit dem Aufbau auf der Empore begonnen werden. „Ende Mai soll das Gehäuse stehen.“ Oliver Barg, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats (GKR) des Kirchspiels Nord freut sich, dass die Orgel nun bald sichtbar wird.
- Werkstatt (Foto: Oliver Barg)
- Orgelempore (Foto: Oliver Barg)
Im Jahr 2017 erklangen zum letzten Mal Orgeltöne in der Nicolaikirche Neue Neustadt. Die alte Schuster-Orgel, 1953 aus Nachkriegsmaterial gefertigt, hatte erst einmal ihren Dienst getan. Einst für die in den 1950er Jahren abgerissene Heilig-Geist-Kirche konzipiert, zog die gebrauchte Orgel 1975 aus dem Dom in die Nicolaikirche, da hier seit Kriegsende eine Orgel fehlte.
Im Gottesdienst wurde sie bereits seit 2010 nicht mehr eingesetzt. „Die Klangqualität war zunehmend mangelhaft“, so Oliver Barg.
Die Idee für das neue Orgelprojekt reifte bereits 2006; dieser folgte eine lange Planungsphase. Architektin Sina Stiebler lieferte schließlich den endgültigen Entwurf und Orgelbauer Ekkehart Groß erhielt 2018 den Auftrag für die Fertigung des neuen Instruments. Mit einem Gewicht von 7,5 Tonnen ist die Orgel ein wahres Großprojekt. Nicht nur baulich, sondern auch finanziell. Auf 750.000 Euro belaufen sich aktuell die Gesamtkosten für das hochwertige Instrument. Dabei kommen 300.000 Fördermittel vom Bund. Weitere große Geldgeber sind die Landeskirche, das Land Sachsen-Anhalt und Lotto-Toto. Unter dem Motto „Kleine Orgel – großer Klang“ gingen zudem 170.000 Euro an Spenden ein. Die Fertigstellung des Großprojektes ist für das Jahr 2023 geplant. Spätestens 2024 zur 200-Jahrfeier von St. Nicolai sollen dann wieder Orgelklänge in die Kirche einziehen.
Titelbild und Text: Annett Szameitat